von Werner Kutsche
Wer in der Geschichte der Stadt Bendorf den Blick rückwärts durch die Jahrhunderte wandern läßt und nach den ersten, vorstellbaren Bewohnern sucht, gelangt zu römischen Legionären. In unserer Region, d.h. rechts des Rheines; im Taunus und im Westerwald waren seit dem berühmten Rheinübergang von Gaius Julius Caesar in den Jahren 55 – 53 vor Chr. – die ersten Brückenköpfe und Stützpunkte des römischen Reiches errichtet worden.
Die Kämpfe und ständige Bedrohung der ersten Pioniere des römischen Reiches mit den anwohnenden Germanen führte schließlich zur dauernden Präsenz militärischer Kräfte und zu der Errichtung des, über die rechten Rheinhöhen bis nach Rheinbrohl geführten, Limes. Seit dem letzten Viertel des ersten nachchristlichen Jahrhunderts wachten sie, weithin sichtbar, von der luftigen Höhe ihres am Limes stehenden Wachturms über die Unversehrtheit der Grenze zwischen Römern und Germanen. Römische Legionäre in Kriegsrüstung, den Späherblick nach Osten gerichtet, verständigten tagsüber mit optischen Zeichen und nachts mit Fackeln die im rückwärtigen Lager harrende Kohorte, wenn Germanen gegen die Grenze anrückten. Diese römischen Legionäre sind die ersten faßbaren geschichtlichen Individien, die als die ersten Bewohner auf dem heutigen Bendorfer Stadtgebiet auftreten.
Schon ehe die Römer für den Bau ihres Grenzturms die Mauersteine auf den Pulverberg hinaufschafften, war der Bendorfer Raum besiedelt; aber was aus der Zeit vor den römischen Grenzwächtern von der Menschenexistenz im Bendorfer Gebiet verkündet, beschränkt sich auf Funde, deren Zahl zu klein ist, als daß man vom Leben und Tun der damaligen Bewohner ein ebenso deutliches Bild gewinnen könnte wie von der Kultur der römischen Legionäre.
In der jüngeren Steinzeit mit ihren großen vorgeschichtlichen Völkerwanderungen drangen Menschengrupppen vom Oberrhein ein und vermischten sich mit der einheimischen Bevölkerung. Leute der nordisch-mitteldeutschen Schnurkeramik trafen sich hier mit den südwesteuropäischen Zonenbandkeramikern. Von ihnen hat man im Bereich der heutigen Stadtgemeinde Gefäßscherben und Feuersteinbeile gefunden, die eindeutig beweisen, daß hier schon vor 4000 Jahren Menschen gelebt haben. Aus dem 8. vorchristlichen Jahrhundert stammen ein Brandgrab, ebenfalls zwei große Töpfe mit Wildschweinzähnen, Pferdeknochen und Holzkohlen. In das Jahr 500 v. Chr. reichen verschiedene Hügelgräber zurück, die in der Bendorfer, Sayner und Mülhofener Gemarkung freigelegt wurden, – vor allem im Bezirk des heutigen Wasserwerks wo wahrscheinlich schon in vorchristlichen Zeit ein Besiedlungsmittelpunkt war. Dies alles sind jedoch nur verstreute Spuren von früher Niederlassung, Spuren, die nichts von tiefgreifendem, lokalgeschichtlichen Vorgängen verraten und nur im Rahmen eines umfassenderen Geschichtsbilds in Betracht zu ziehen sind. Erst als Cäsar in den Jahren 55 und 53 vom Römerlager Urmitz aus; nur ein Steinwurf weit vom heutigen Atom-Kraft-Werk Mülheim-Kärlich entfernt, auf einem Boden der bereits 2000 Jahre vorher eine gewaltige Volksburg getragen hat den Rhein überschritt und die Germanen zurückdrängte, setzte auch für Bendorf die eigentliche geschichtliche Zeit ein.
Wahrscheinlich stammt noch aus der Zeit um Christi Geburt die Anlage eines römischen Holz- Erdwerks – ( Lager oder (Erd-Kastell) in Bendorf. Wegen seiner günstigen Lage, in der Nähe des Rheins, stand es vermutlich mit dem älteren Urmitzer Lager auf dem Wasserwege in Verbindung stand. Bendorf war damals sicher ein Brückenkopf auf der rechten Rheinseite für die römischen Eroberer. Bei den im Jahre 1911 erfolgten Ausgrabungen wurden insgesamt fünf, sich gegenseitig überlagernde Befestigungsanlagen des Bendorfer Kastells, festgestellt. Die jüngste der aus Erdwällen bestehenden Befestigungsanlagen stammt mit einer Rheinfront von 180 m, aus dem 1. Jahrhundert. Spätere Ausgrabungen (1928) ergaben, daß mindestens eine Anlage die Größe von 173 mal 190 m hatte.
Um das Jahr 85 n. Chr. errichteten die Römer die eindrucksvolle Befestigungs-anlage des Limes. Anfangs war es nur ein einfaches Erdwerk mit Graben, Wall und hölzernen Türmen, und weil der Limes ursprünglich nur auf die Strecke von Rheinbrohl bis zur Lahn beschränkt war, ist anzunehmen, daß er vor allem das Koblenz-Neuwieder Becken und seine militärische Bedeutung zu schützen hatte. Erst etwa eine Generation später wurde die Frühform des Limes weiter ausgebaut, und seine Holzbauten wurden durch steinerne Türme ersetzt und verstärkt. Immer weiter ausgedehnt und vervollkommnet, verlief er zuletzt nicht mehr nur über die vorderen Westerwaldhöhen, sondern reichte in einer Gesamtlänge von 600 Kilometern bis zur Donau. Im Schutze dieser künstlichen politischen, militärischen und wirtschaftlichen Grenzscheide mit Palisadenzaun und Wehrgraben, erbauten die Römer verschiedene Kastelle, von denen zwei, verschiedenen Bauperioden angehörend, in Bendorf bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts bestanden. Die in der unmittelbaren Nähe des Limes errichteten steinernen Wachttürme waren, sowohl Beobachtungsposten, als auch Vorposten für die im Hinterland stationierten Truppen. Von Limes und Wachttürmen finden sich auch heute noch vielfältige Spuren im Bendorfer Wald.
1912 wurde in Erinnerung an die römische Vorzeit auf dem Pulverberg im Sayner Wald, in der Nähe der Fundamente eines römischen, steinernen Limesturmes eine Rekonstruktion eines Limes- Wachtturms, (der sogenannte Römerturm) errichtet.
Auch von dem Bendorfer Kastell sind reiche Funde überliefert. Gräber und Ziegel der ersten römischen Kohorte, Gebäudereste mit Heizanlagen, mit Estrichböden, bemaltem Wandputz, mit Ziegeln, Tongefäßen, Münzen und Gewandfibeln, dazu eine Badeanlage mitsamt einem Ziegelofen, eine Toranlage des Kastells mit einer Breite von 12.50 m und eine Wasserleitung aus Holzröhren wurden auf dem geschichtlichem Boden in Bendorfs Mitte ausgegraben. Vieles deutet darauf hin, daß der Limes den Bewohnern eine zwei Jahrhunderte währende Ruhe gewährleistete, wovon die auf uns gekommenen Funde ein beredendes Zeugnis ablegen.
römischer Hypocaustenziegel mit Cohorten-stempel
In diesem Zusammenhang sei hingewiesen auf die von Herrn Rektor Willi Syré gemachten Beobachtungen bei der Ausgrabung (1968) des zu der Kastellanlage gehörenden, zeitgleichen?, römischen Vicus. Dieser Vicus lag nördlich der Kastellanlagen, in Richtung auf den zwischen Bendorf und Mülhofen hin gelegenen Saynbaches. Die von Herrn Syré bei der Grabung (im Zuge des Ausbaus der B42) durchgeführten Untersuchungen zeigten eine typische römische Vicusbebauung. Eine gründliche wissenschaftliche Untersuchung der gemachten Funde und Publikation derselben ist noch nicht erfolgt. Die insbesondere von den Heimatkundlern so erwünschte Klärung des Zeit-Horizontes ist bis dato unter-blieben.
Die Römer haben sich jedoch nicht nur auf Grenzwacht und Zoll beschränkt, sondern sich auch auf wirtschaftliche Nutzung des besetzten Gebiets verstanden. Aus dem Fund eines Sohlgrabens mit Gefäßscherben, Schmelztiegeln und Eisenwerkzeugen darf gefolgert werden, daß die Römer schon im 2. und 3 Jahrhundert Bergbau betrieben und Eisen geschmolzen haben, übrigens an der Stelle, deren Fündigkeit erst im Jahre 1916 versiegt war.
Mit dem Augenblick, da die Franken (ca. 258/60 n.Chr.) den Limes durchbrachen und in breiter Front die Römer zurückdrängten, nehmen die Funde an Zahl bedeutend ab. Wahrscheinlich wurde auch das Bendorfer Gebiet damals sehr in Mitleidenschaft gezogen, vielleicht sogar wegen seiner militärischen Bedeutung so stark verheert und so oft von Germanenscharen durchzogen, daß die ehemalige Ansiedlung wohl nahezu menschenleer wurde. Erst zur Merovingerzeit scheint die Bevölkerung wieder zugenommen zu haben, – Zeugnis dafür ist eine fränkische Friedhofsanlage sowie verschiedene Gräber.
Ergänzung: Bendorf im Netzwerk der römischen Welt
Von Gemini generiert (28.10.2025)
Der archäologisch reiche Befund von Bendorf – insbesondere das mehrphasige Kastell und der zugehörige Vicus – ist nicht nur ein lokales Zeugnis, sondern ein wichtiger Mosaikstein im Gesamtbild der römischen Herrschaft am Mittelrhein. Die römischen Anfänge Bendorfs lassen sich am besten durch zwei Schlüsselperspektiven erweitern: die strategische Netzwerkanbindung und die multikulturelle Realität der Grenzregion.
🗺️ Die strategische Achse: Limes, Rhein und Confluentes
Das Bendorfer Kastell lag in einer militärlogistisch entscheidenden Position: Es diente als Flankenschutz für den Obergermanisch-Raetischen Limes an dessen nördlichem Beginn bei Rheinbrohl und sicherte gleichzeitig den Zugang zum Hinterland.
Noch wichtiger war jedoch die Nähe zu Confluentes (Koblenz), wo Mosel und Rhein zusammenfließen. Diese strategische Lage machte Bendorf zu einem militärischen Brückenkopf und einer Kontrollstelle am rechten Rheinufer. Der Rhein selbst war die Hauptverkehrsader des Reiches, die Militärposten wie Bendorf in das Versorgungsnetzwerk der Provinzen Germania Inferior und Germania Superior einband. Das Kastell war somit nicht nur ein isolierter Grenzwachtposten, sondern Teil eines engmaschigen Kommunikations- und Logistiksystems.
💂♀️ Die Menschen: Fern der Heimat im multikulturellen Dienst
Die Funde des Bendorfer Kastells – darunter gestempelte Ziegel und Gräber – belegen, dass die römische Armee am Limes keineswegs nur aus „Italienern“ bestand. Die Hilfstruppen (Auxilia), die hier stationiert waren, stammten oft aus weit entfernten Gebieten des Reiches.
Der Nachweis von Ziegeln mit Kohortenstempeln weist beispielsweise auf die mögliche Stationierung der Cohors I. Thracum (Erste Kohorte der Thraker) oder ähnlicher Einheiten hin. Dies bedeutet, dass in Bendorf Soldaten aus dem heutigen Bulgarien, dem Nahen Osten oder Spanien ihren Dienst verrichteten.
Diese Soldaten brachten ihre Kulturen, Religionen und Handelsbeziehungen mit, was den umliegenden Vicus – die zivile Siedlung – zu einem Schmelztiegel machte. Der Vicus war die eigentliche Triebfeder der Romanisierung und der wirtschaftlichen Blüte (einschließlich des Bergbaus und der Eisenschmelze), die Bendorf zwei Jahrhunderte lang erlebte, bis der Frankeneinfall um 260 n. Chr. die römische Ära beendete.
Die römische Präsenz in Bendorf ist somit ein klassisches Beispiel dafür, wie die militärische Notwendigkeit an der Grenze zu einer tiefgreifenden kulturellen und wirtschaftlichen Transformation des lokalen Siedlungsraumes führte.
Zusammenfassung der wichtigsten historischen Epochen und deren Spuren im Bendorfer Gebiet, die im Text erwähnt wurden:
Historische Spuren im Bendorfer Gebiet
Der Text beschreibt, wie die Geschichte Bendorfs von der vorgeschichtlichen Besiedlung über die prägende Römerzeit bis zur Merowingerzeit reicht.
🪓 Vorgeschichtliche Besiedlung (Jüngere Steinzeit bis ca. 500 v. Chr.)
Obwohl Funde spärlich sind, belegen sie eine frühe menschliche Existenz im Bendorfer Raum:
- Jüngere Steinzeit: Menschengruppen vom Oberrhein drangen ein und vermischten sich mit der einheimischen Bevölkerung (nordisch-mitteldeutsche Schnurkeramik und südwesteuropäische Zonenbandkeramiker).
- Spuren: Gefäßscherben und Feuersteinbeile (mindestens 4000 Jahre alt).
- 8. Jahrhundert v. Chr.: Funde eines Brandgrabes, Töpfe mit Wildschweinzähnen, Pferdeknochen und Holzkohlen.
- 500 v. Chr.: Verschiedene Hügelgräber in der Bendorfer, Sayner und Mülhofener Gemarkung, besonders im Bezirk des heutigen Wasserwerks.
🛡️ Die Römerzeit (Ab 55/53 v. Chr. bis ca. 258/60 n. Chr.)
Die Römer sind die ersten fassbaren geschichtlichen Individuen im heutigen Bendorfer Stadtgebiet und prägten die Region durch ihre militärische und wirtschaftliche Präsenz:
- Erste Präsenz: Begann mit dem Rheinübergang Gaius Julius Caesars (55/53 v. Chr.). Bendorf diente als Brückenkopf und Standort eines Holz-Erdwerks (Lager oder Kastell) nahe dem Rhein, das vermutlich mit dem Urmitzer Lager in Verbindung stand.
- Spuren: Fünf, sich überlagernde, Befestigungsanlagen des Bendorfer Kastells (mit einer Rheinfront von 180 m; die jüngste aus dem 1. Jahrhundert).
- Limes-Errichtung: Um 85 n. Chr. wurde der Limes (Anfangs als einfaches Erdwerk, später mit steinernen Türmen) errichtet, um das Koblenz-Neuwieder Becken zu schützen und die Grenze zu den Germanen zu sichern.
- Spuren: Zwei verschiedene Kastelle in Bendorf (bis Mitte des 3. Jahrhunderts), steinerne Wachttürme (Beobachtungs- und Vorposten, z.B. auf dem Pulverberg), rekonstruierter Römerturm.
- Wirtschaft und Alltag: Die Römer betrieben Bergbau und Eisenverhüttung (2. und 3. Jahrhundert).
- Funde im Kastell: Gräber, Ziegel der ersten römischen Kohorte, Gebäudereste mit Heizanlagen (Hypocaustenziegel), Estrichböden, bemalter Wandputz, Tongefäße, Münzen, Gewandfibeln, eine Badeanlage, eine Toranlage und eine Wasserleitung aus Holzröhren.
- Vicus: Nördlich der Kastellanlagen lag ein römischer Vicus (Zivilsiedlung), dessen typische Bebauung 1968 ausgegraben wurde.
⚔️ Merowingerzeit (Nach ca. 260 n. Chr.)
Nachdem die Franken um 258/60 n. Chr. den Limes durchbrachen, nahm die Bevölkerung in Bendorf stark ab und das Gebiet wurde verheert. Erst zur Merowingerzeit scheint die Bevölkerungszahl wieder zugenommen zu haben.
Spuren: Eine fränkische Friedhofsanlage und verschiedene Gräber deuten auf eine erneute Besiedlung hin.
Das Bendorfer Kastell war eine römische Militäranlage und der Limes die befestigte Reichsgrenze. Hier sind die Hauptmerkmale und Funde:
🏰 Das Kastell Bendorf (Auxiliarkastell)
Das Kastell in Bendorf war ein frühes römisches Hilfstruppenlager (Auxiliarkastell) und von strategischer Bedeutung am Rhein:
- Lage: Heute liegt das Gelände größtenteils unter der sogenannten Kastellsiedlung und einem Gewerbegebiet in Bendorf. Die Lage nahe dem Rhein (70 m ü. NHN) diente wahrscheinlich der Sicherung eines Rheinübergangs und der Verbindung mit dem älteren Urmitzer Lager.
- Bau und Größe:
- Es handelte sich um ein Holz-Erde-Lager (später eventuell in Stein ausgebaut) und gehörte zur Cohors I Thracum.
- Die Anlage war etwa 2,8 Hektar groß (andere Quellen: mindestens 173 mal 190 Meter) und war von einem Spitzgraben umgeben, dessen Breite bis zu 6,20 Meter betrug.
- Insgesamt wurden fünf sich überlagernde Befestigungsanlagen festgestellt, was auf eine lange Belegungsdauer hindeutet (von der flavischen bis zur spättrajanischen/frühhadrianischen Zeit).
- Funde: Die archäologischen Ausgrabungen lieferten reiche Funde aus dem militärischen und zivilen Leben (Vicus):
- Gebäude: Reste von massiven Steingebäuden, hölzernen Mannschaftsbaracken, eine Badeanlage (Kastellbad) und eine Toranlage (12,50 m breit).
- Alltag: Heizanlagen (Hypokaustvorrichtungen), Estrichböden, bemalter Wandputz, Ziegel mit dem Stempel der ersten römischen Kohorte, Tongefäße, Münzen und Gewandfibeln.
- Vicus: Nördlich des Kastells befand sich eine zivile Lagersiedlung, der Vicus, der bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. bestand.
🚧 Der Limes und der Römerturm
Der Obergermanisch-Raetische Limes war die Grenzbefestigung des Römischen Reiches, die von Rheinbrohl bis zur Donau reichte.
- Errichtung und Funktion: Der Limes wurde um 85 n. Chr. errichtet, zunächst als einfaches Erdwerk, später mit steinernen Türmen. Er diente dem Schutz des Koblenz-Neuwieder Beckens und als militärische und wirtschaftliche Grenzscheide.
- Spuren im Bendorfer Wald:
- Der Verlauf des Limes ist im Stadtwald noch gut anhand von Wall- und Graben-Anlagen sowie den Schutthügeln ehemaliger Wachttürme erkennbar.
- Der Römerturm auf dem Pulverberg:
- Auf dem Pulverberg (oberhalb von Sayn) steht eine im Jahr 1912 rekonstruierte Nachbildung eines römischen Wachtturms, unweit der Originalfundamente. Er ist heute ein Teil des UNESCO-Welterbes Limes und dient als beliebter Aussichtspunkt und Anlaufstelle für Wanderer.
⛏️ Römische Erzgewinnung und Verhüttung
Die Region um Bendorf, der Mittelrhein, die Lahn und der Westerwald, war bereits früh ein bedeutendes Zentrum für die Metallgewinnung:
- Römische Anfänge: Funde bestätigen, dass schon zur Römerzeit hier nach Eisenerz geschürft wurde.
- Archäologische Belege: Die Entdeckung eines römischen Sohlgrabens auf der Schützenhöhe zu Bendorf (1929) lieferte wichtige Hinweise.
- Funde: Die Auffindung von Eisenwerkzeugen, Schmelztiegeln und Gefäßscherben an dieser Stelle lässt den Schluss zu, dass der Graben wahrscheinlich zum Schutz römischer Eisenschmelzen diente.
- Dauerhaftigkeit: Die Römer betrieben Bergbau und Eisenverhüttung mindestens im 2. und 3. Jahrhundert an einer Stelle, deren Fündigkeit erst im Jahr 1916 versiegte – ein Zeugnis für die reiche Erzausbeute.
🔨 Entwicklung der Eisenindustrie (Frühe Neuzeit)
Nach einer Phase des Verfalls (vermutlich durch Krieg und „sonstige Fatalitäten“) im Berg- und Hüttenwesen, erlebte die Eisenindustrie in Bendorf im 18. Jahrhundert eine große Blüte:
- Ältestes Eisenwerk: Als eines der ältesten Eisenwerke am Mittelrhein gilt der „Steinebrücker Hammer“ im Bendorfer Waldgebiet (Brexbachtal), der bis in das 19. Jahrhundert betrieben wurde.
- Wichtige Akteure im 18. Jahrhundert:
- Joh. Phil. Hoffmann: Hüttenherr aus Rotterdam, der den Steinebrücker Hammer im frühen 18. Jahrhundert besaß und nach Bendorf zog.
- Wilhelm Remy: Der damalige Hüttenmeister, der Hoffmanns Tochter heiratete. Durch sein fachliches und kaufmännisches Können brachte er die Eisenindustrie im Bendorfer Bezirk zu großer Blüte.
- Erwerb von Betrieben: 1728 pachtete Remy die Bendorfer Betriebe einer Gesellschaft (darunter die Eisenbergwerke „Vierwinde“ und „In der Lohe“ sowie eine Eisen- und Rohstahlhütte).
- Rechtliche Zerrissenheit: Die Entwicklung des Berg- und Hüttenwesens war durch die kleinstaatliche Zerrissenheit Deutschlands gehemmt. Bendorf lag als Enklave zwischen kurtrierischem und gräflich-wiedischem Gebiet, mit unterschiedlichen Bergordnungen und Bergrechten (Kurtrier 1564, Grafschaft Wied 1559, gemeinsames deutsches Bergrecht). Wer Bergbau treiben wollte, benötigte einen Mutschein und eine landesherrliche Belehnungsurkunde (z.B. 1723 in Altenkirchen).

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