„Nur der, dem seine Heimat lieb und teuer ist,
wird mit warmem Herzen ihr ergeben sein
und in der Liebe zu ihr stets den Ansporn
und die Kraft finden, für sie zu streben.“

P.P. Ohlig

Die Stadt Bendorf ist recht alten Ursprungs. Der Boden, auf dem sie steht, ist heute noch durch Überreste germanischer, römischer und fränkischer Niederlassungen als altes Kulturland gekennzeichnet.

Aus der jüngeren Steinzeit, der Bronzezeit, der älteren und jüngeren Eisenzeit sind uns Werkzeuge und Gebrauchsgegenstände der damaligen Bewohner erhalten geblieben.

Es wurden bei Ausgrabungen Funde gemacht, die auf eine Besiedelung unserer Heimat durch Menschen aus dem Voralpengebiet und von der Donau hinweisen. (Bendorfer Funde Nr. 4636 – 4641 im früh. Koblenzer Schloßmuseum). Eine einseitig gelochte Steinkugel von 10-12 cm Durchmesser, anscheinend ein Schlagwerkzeug (jungsteinzeitlich), wurde 1928 am Ohlenberg in einer früheren Bimsgrube gefunden. (Befindet sich im Neuwieder Museum). Aus der späteren Bronzezeit fand man 1925 in der Langfuhr zwei Urnen. (Beide sind unter Nr. 1136 und 1137 im Neuwieder Museum), Aus einem eineinhalb Meter tiefen Graben barg man im Mai 1922 zwei Bronzearmreife (sogenannte Petschaftsreife).

Im Koblenzer Museum befinden sich aus Bendorfer Gräberfunden eine große schwarze Henkeltasse (Nr. 4845) und eine kleine schwarze Henkeltasse (Nr. 4846). Aus der älteren Eisenzeit oder Hallstattzeit (1000 — 500 v. Chr.) fand man im Frühjahr 1929 in der Gemarkung Ohlenberg eine ganze Anzahl Hallstattbrandgräber. Die dort gefundenen Gegenstände erhielt das Neuwieder Museum. Urnenscherben aus jener Zeit wurden in der Nähe der Schindkaul unterhalb der Lob gefunden, die ebenfalls dem Museum in Neuwied zugeführt worden sind.

Zwischen dem Grubenweg und der Grenzhäuserstraße legte man ein eigenartiges Grab frei. Das Grab bestand aus einer runden Grube 1,65 m tief, zu der ein 60 cm breiter Graben führte, von 1-1,20 m Durchmesser, deren Boden mit einer ca 5 cm dicken Brandschicht bedeckt war, hierauf stand eine Urne, die von einer 25-30 cm dicken, sehr harten Lehmschicht umgeben war. Obendrauf lag ein ebenfalls sehr harter Lehmklumpen. Es wurde als ein sogenanntes „Deck-Klumpengrab“ festgestellt dessen Vorkommen bisher nur in unserer Gegend bekannt ist.

In der jüngeren Eisenzeit (500 vor bis 1000 nach Chr.) war unsere Heimat von den Kelten besiedelt, die jedoch bald von den Germanen über den Rhein verdrängt wurden. Aus der Keltenzeit stammen Namen unserer Flüsse, Hänge und Gebirge z. B. Horstatt, Horgraben, Hormorgen, Rhein, Sayn, Taunus. Schon ungefähr 200 v. Chr. siedelten sich Germanen bei uns an, welche nun in jahrhundertlangem Kampf dem Vordringen der Römer sich entgegenstemmten.

Nach der Eroberung der linksrheinischen Gebiete überschritten die Römer im Neuwieder Becken den Rhein. Im Jahre 55 v. Chr. und im Jahre 53 v. Chr. überbrückten röm. Soldaten in unserer Gegend den Strom. Der Forscher O.Dahm erklärte im Jahre 1896, daß von den beiden unter Caesar erfolgten Brückenbauten über den Rhein die im Jahre 53 v. Chr. errichtete Brücke bei Bendorf den Strom überquert habe. Ebenfalls befand sich schon vor unserer Zeitrechnung dort ein römisches Kastell als einzige auf der rechten Seite des Mittelrheins angelegte römische Befestigung. Die römischen Kastellanlagen in Heddesdorf und Niederberg sind späteren Ursprungs. Jedenfalls diente die Bendorfer Anlage der Sicherung des Brükkenkopfes und gab den Römern auch die Möglichkeit, weiter in das germanische Bergland (Westerwald und Taunus) vorzudringen. Schon vor der Römerzeit hat nach der bisherigen Forschung ein Kastell der Latène-Periode hier bestanden. Das wäre ein Beweis dafür, daß Bendorf in jener Zeit schon stark besiedelt war.

Kastell Bendorf, Grabung 1988

Im Auftrage der Reichs-Limes-Kommision hatte Ritterling im Jahre 1896 am Erdweg (Werftstraße) Grabungen vorgenommen und dabei Befestigungsanlagen der La-Tène-Periode entdeckt. Ritterling fand aber auch Anlagen von zwei römischen Erdbefestigungen, deren älteste aus der früheren römischen Kaiserzeit (ab 27 v. Chr.) datierte. An der Horstatt (einer der Rheinwerft vorgelagerten Sandbank) wurden bei Baggerarbeiten in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts reichlich Funde römischer Münzen gemacht. Diese für den Rheinübergang günstige Stelle wurde, wie die Grabungen und die Funde beweisen, von den Römern als strategisch wichtiger Punkt gewertet. Bei den vom Provinzial-Museum in Bonn 1910 durch Custos Hagen und durch Professor Dr. Lehner im Jahre 1911 vorgenommenen Ausgrabungen wurden fünf Befestigungsanlagen des Bendorfer Castells, mehr nach dem Rheine zu, festgestellt. Die jüngste der Schanzen stammte aus dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Die Rheinfront dieser Kastellanlage betrug 180 Meter. Die anderen Fronten fand man bei dem auf Veranlassung von Hauptlehrer Wick gemachten Grabungen im November 1928 in einer Ausdehnung von 173 mal 190 Meter. Südöstlich wurde ein Tor von 12,50 m Breite freigelegt. Eine Wasserleitung (Holzröhren), in Abständen von etwa 1,50 m mit eisernen Muffringen zusammengehalten, führte mitten durch das Tor. Mit der Nordostseite reichte das Kastell fast bis an die jetzige Rheinaustraße heran. In der Nähe fand man im April 1929 auf dem Gelände der Firma Dr. Otto, bei der Bimsausbeute, Trümmer einer Baracke von 6 m, mehrere Koch- und Abfallgruben, sowie ein römisches Steingebäude, welches eine Ausdehnung von 16 mal 7,50 m und 60 cm starken Mauern hatte. Bei dieser Grabung wurden noch einige Befestigungsgräben angeschnitten, die sich, nach der Feststellung von Custos Hagen vom Provinzial-Museum in Bonn, auf 9 – 10 verschiedene Anlagen beliefen. Hagen hielt die älteren dieser Anlagen für vorübergehend zur Sicherung eines Rheinüberganges gemachte Befestigungen, wie sie ähnlich in Vetera b. Xanten und in Gellep gefunden worden sind. Die jüngeren Kastell-Befestigungen lagen mehr nach der Rheinaustraße zu. Die massiven Steinbauten sind Dauerwerke gewesen.

1929 wurde auf der Schützenhöhe ein röm. Sohlgraben freigelegt. Bei Abdeckungsarbeiten (für den Bimsabbau) sind 1931 in derselben Gemarkung römische Spitzgräben freigelegt worden. Man fand in diesen Bruchstücke römischer Gegenstände und etwas über der Grabensohle solche aus der Karolingerzeit.

Im Garten der Kuranstalt Rheinau von Geheimrat Dr. Erlenmeyer (frühere Kaserne der motorisierten Gendarmerie) wurden 1890 die Grundmauern einer umfangreichen röm. Villa aufgedeckt.

In der „Bendorfer Volkszeitung“ vom 17. Februar 1890 schrieb man dazu: „Im Garten der hiesigen Villa Erlenmeyer wurden römische Bauten entdeckt. Man fand Legionensteine mit der Inschrift: Leg. XXII. PC und eo H.I, THRACICA. Diese 22. Legion, in der viele Deutsche dienten, stand nach Angabe des Archäologen Mone in den Jahren 30-35 unserer Zeitrechnung in Palästina, später am Rhein, wie die Funde in den 1882 beim Bau der Eisenbahn (Westerwaldbahn) aufgedeckten Gräber römischer Krieger beweisen. Letztere liegen nur etwa 80 Schritte von der Fundstelle (Villa Erlenmeyer) entfernt. Bei den Umbauten der ehemaligen Kuranstalt Rheinau zur Gendarmerie-Kaserne wurden umfangreiche Fundamente römischer Bauten und Badeanlagen aufgedeckt.

Im Jahre 1908 wurde ein römischer Ziegelofen bei Bimsabtragungen aufgedeckt (Feststellung durch Ritterling). Das Material für die Ziegel fanden die Römer vor dem Limes. Dieser römische Befestigungsgraben zog sich durch den Bendorfer Wald hin und erstreckte sich vom Rhein über Westerwald und Taunus bis zum Donaugebiet. Er war durch Pfahlzäune und Wachtürme gesichert. Letztere waren in gewissen Abständen voneinander, der ganzen Anlage entlang, erbaut.

Der unterste Teil des wuchtigen alten Kirchturmes der Kirche St, Medard am Marktplatz wurde nach einer eingehenden Besichtigung des Turmes durch den Kgl. Baurat Junker aus Koblenz (im vergangenen Jahrhundert) als Ueberrest eines großen römischen Wachturme bezeichnet. In der Nähe des Turmes fand man, bei Errichtung von Neubauten an den benachbarten Straßen, viele Gebeine und Schädel, von denen einer von der Hirnschale bis zum Kinn mit einem Nagel durchbohrt war. (Hinrichtungsweise z. Zt. des römischen Präfekten Rictiovarus von Trier). Ebenfalls wurden östlich von dem Turme in geringer Entfernung Gräber, die mit großen Steinplatten abgedeckt waren, freigelegt. In Mengen gefundene Waffenstücke waren vom Rost so verzehrt, daß sie in den Händen der Arbeiter zerbrachen. Man fand ferner viele bunte Tonkugeln, kleinere Schmucksachen, Horn- und Bernsteinstücke, die den bei Andernach gemachten römischen Grabfunden ähnelten. Ueberreste von römischen gepflasterten Straßen fand man in 2-3 Meter Tiefe in der Nähe der ehemals reformierten Kirche, in der Bergstraße, beim Bau der katholischen Schule am Marktplatz und am Rheinpfad (Kastellgebiet). Professor Lehfeld von der Berliner Bau-Akademie erklärt in seiner Beschreibung der Baudenkmale des Regierungsbezirkes Koblenz, der untere Teil des Bendorfer Kirchturmes sei ein römischer Kastellturm. Bis 1818 umgaben denselben die alten Ringmauern.

Alte Bendorfer Flurbücher nannten die Umgebung des in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts aufgefundenen befestigten römischen Lagers am Rheinufer „die alte und die neue Stadt“. (Bendorfer Volkszeitung vom 17.2.1890.) Von den im vergangenen Jahrhundert in Bendorf gemachten Funden aus der Zeit vor unserer Zeitrechnung und der ersten Jahrhunderte n. Chr. sind leider viele Gegenstände im Lande zerstreut, aber doch auch ein großer Teil der Stücke im Prov.-Museum in Bonn, in den Heimatmuseen Koblenz, Neuwied, Andernach und Bendorf, im letzteren leider erst im letzten Jahrzehnt, geborgen worden. Die Nummern 4690 und 4844 in Koblenz stammen aus dem Bendorfer Kastell. In Neuwied befinden sich eine schöne Terra sigillata Schale mit Jagdbildern (Nr. 1138), ein Lämpchen mit Markenstempel und einem ägyptischen Kopfbild (Nr. 1135), ein Becher (1282), eine helle Amphore (1381), ein schwarzer Honigtopf (1333), eine Bronzefibel zwei Salbenschachteln, eine Haarnadel aus Bein, ein Kohortenstempel (Coh I Thrac.) und eine Anzahl Scherben unter den Nummern 1334—1337.

Die Römerherrschaft fand im dritten Jahrhundert ihr Ende. Der Limes wurde mit seinen Wachtürmen von den Franken zerstört. Fundamente von röm. Wachtürmen sind noch in der Gemarkung Hormorgen und auf dem Pulverberg erhalten. Eine Rekonstruktion eines solchen Turmes ist durch Professor Loeschke, 1912 im Sayner Wald neben dem Fundament eines römischen Turmes erfolgt.

Fundament des zerstörten römischen Wachturms

Aus der fränkischen Zeit wurden in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der Gemarkung „Auf dem Kolben“ , etwa 18 Gräber aufgedeckt. (Feststellung durch Museumsdirektor Günther, Koblenz). Sie waren mit Bruchsteinen ummauert. Im Januar 1930 wurde dort eine fränkische Speerspitze gefunden, ferner deckte man im Februar desselben Jahre ein gemauertes Grab auf, in welchem eine Leiche ohne Beigabe lag. Fast dicht daneben befand sich eine 2×2 Meter große viereckige Grube von 2 Meter Tiefe, in deren Mitte, auf dem Boden, befand sich eine Brandstelle, auf welcher der untere Teil einer Urne, 2 Spinnwiertel; eine Dolchscheide und ein halber Eisenring lagen. Armlange Höhlungen gingen von den Ecken der Grube nach dem Grabe.

Eine Karolingische Siedlung wurde auf der Vierwindenhöhe (Schützenhöhe) festgestellt. Im Januar 1930 wurde dort eine frühkarolingische Amphora gefunden, ferner im Mai 1930 spätkarolingische Scherben. Bei Ausschachtungen (Ecke Hauptstraße und „dem Graben“) wurde auf einem mit Bruchsteinen belegten viereckigen Platz eine karolingische Urne gefunden. Sie stellte wohl ein Opfer dar, welches der Franke bei der Errichtung seines Hauses dargebracht hat. Die Urne ist damals dem Neuwieder Museum zugeführt worden (Nr. 1832) Siedlungen aus der Frankenzeit auf dem Boden unserer Stadt sind damit bewiesen. In der spätkarolingischen Zeit traten dann die Hofsiedelungen in die Erscheinung, über welche urkundliche Beweise der Nachwelt erhalten blieben.

Im 9. u. 10. Jahrhundert hatten die fränkischen Könige mehrere Anwesen in Bendorf. Es waren drei Höfe, deren Bezeichnung noch heute fortlebt und zwar der Niederhof, wo sich die heutige Gastwirtschaft „Zum Niederhof“ befindet, der Oberhof in der Nähe der Mühlenstraße und der Mittelhof an der Stelle der Tilemann’schen und ehemals Eifler’schen Anwesen an der Hauptstraße. Zwei dieser Höfen besaßen königliche Pfalz- und Gaugrafen als Lehen, während den dritten Hof die fränkischen Könige und ihre Nachfolger bis zum Jahre 1105 im Besitz hatten. Die Grafen von Sayn besaßen den Oberhof als Lehen. Vorher war die Abtei St. Alban in Mainz durch Schenkung Karls des Großen (779) immer in deren Besitz.

Die Chronik berichtet ferner, daß 1064 Bischof Anno von Köln Güter zu Bettindorf der Abtei Siegburg überwiesen hatte. Die Abtei Laach wurde 1093 durch Schenkung Besitzerin des Niederhofes. Kaiser Heinrich IV. schenkte 1105 als Rechtsnachfolger der fränkischen Könige der Abtei Siegburg den Mittelhof, Aus den Schenkungs- und Belehnungurkunden bezüglich des Umfanges der von den fränkischen Königen an die Abteien Laach und Siegburg und den Grafen von Sayn überwiesenen Hofgütern in Bendorf geht hervor, daß die im Bendorfer Bezirk liegenden Ländereien zum allergrößten Teil in den Besitz der genannten Grundherren übergegangen waren. Die Einwohner sind überwiegend Lehns- oder Zinsleute gewesen. Mit der Zeit ist dann der den Zinsleuten überwiesene Grund und Boden erbeigen geworden.

Im Jahre 1112 traten die Grafen Heinrich I. und dessen Bruder Eberhard von Sayn, die von 1112-1166 bzw. bis 1177 regierten, als Garanten dafür ein, daß Gerlach von Isenburg dem Laacher Hof in Bendorf keine Beschwerden zufüge. Ihnen folgte Heinrich II. Die von ihm im Jahre 1201 gegründete Abtei Sayn wurde reich beschenkt und bestand bis 1803. Mit Heinrich III. erlosch im Mannesstamm das gräfliche Geschlecht. Johann, Graf von Sponheim, wurde mit seinen zwei Brüdern – die Mutter war eine Gräfin von Sayn – Herr der Sayn’schen Lande. Mit Heinrich VI. starb 1604 auch der letzte diesen Stammes. In demselben Jahr trat die Linie Sayn-Wittgenstein, die von Johann I. Graf zu Sayn, der von 1283 -1314 regierte, gestiftet wurde, die Regentschaft in der Grafschaft an. Von da ab vollzog sich, durch Erb- und Lehnstreitigkeiten ein öfterer Besitzwechsel in den Saynischen Landen, unter dem wohl kein Ort der Grafschaft mehr zu leiden hatte als gerade unser Städtchen.